Inspiration im Archiv

11.5.2019

Dies ist der erste "Bergünerstein"-Blog seit mehr als einem Jahr. Warum?

Vor ungefähr einem Jahr habe ich die Recherche zum ersten Band abgeschlossen. Über das Fertigstellen des Romans, die Schlussredaktion, das Lektorat, das Korrektorat, das Layouten und Setzen gab es nichts zu bloggen – da geht es eher ums Durchhalten als um die Inspiration.

Gestern jedoch habe ich im Staatsarchiv Graubünden die Recherchen für den zweiten Band begonnen. Und aus den Quellen glitzerte die Inspiration!

Zum Beispiel habe ich zu einem neuen Schauplatz recherchiert, der in Band 2 von "Bergünerstein" eine Rolle spielen wird: Pontresina. Dort werden zwei Geschichten spielen, eine in den 1550er Jahren und eine in den 1660ern. Ich habe mehrere Dokumente aus dem 16. Jahrhundert fotografiert, in denen es um Nachbarschaftsstreitigkeiten in Pontresina geht: Wegrechte, wer darf wo eine Stalltüre ausbrechen, wer beweidet welche Wiesen? Die Streitereien wurden vor dem Notar geregelt – vielleicht trat er auch als Mediator auf? –, darauf wurde die Abmachung schriftlich festgehalten. Als Romanhandlung wären solche Streitereien mässig interessant. Wenn wir aber wissen, dass die Geschichte von Pontresina in den 1550ern von einer jungen Frau erzählt wird, die mit ihrer Familie aus Venedig geflüchet ist, um der Inquisition zu entkommen, wird es plötzlich spannend: Wie kann ich sie dazu bringen, über so etwas zu schreiben? Warum würde sich eine vornehme junge Flüchtlingsfrau aus einer Seehandelsstadt für Stalltüren in Pontresina interessieren? Die Inspiration: kann ich nicht verraten, da es ein Spoiler wäre. Aber es ist eine sehr gute Idee!

Eine weitere Inspirations-Quelle stand gestern Abend im Zentrum. Das ganze "Bergünerstein"-Projekt wurde unter Anderem inspiriert durch ein Dokument im Gemeindearchiv Bergün. Es ist der Vertrag über die Wegzollpacht am Bergünerstein, aufgesetzt am 15. November 1603. Mit der Übernahme der Wegzollpacht beginnt die unheilvolle Geschichte der Familie Pol Clo, und am 15. November 1603 setzt die Handlung des ersten Bandes ein.

Das Dokument ist, wie man hier sehen kann, in einem schlechten Zustand: es wurde vor langer Zeit mit Klebstreifen "repariert", sodass einige Passagen unleserlich sind. Doch glücklicherweise wurde jetzt beschlossen, dass das Dokument restauriert werden soll. Gestern Abend habe ich es im Gemeindearchiv abgeholt und werde es demnächst dem Restaurator übergeben. Rechtzeitig zur Vernissage des ersten Bandes am 18. Juli wird es nach Bergün zurückkehren, und an der Vernissage wird es in einer Vitrine ausgestellt sein!

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