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Ravarenda Christoffel Brünett

Christoffel Brünett war von 1650 bis zu seinem Tod im Jahr 1664 der Pfarrer von Latsch und Stuls. Über seine Herkunft ist wenig bekannt, und die Angaben in den Quellen widersprechen sich teilweise. Die folgende Version seiner Biographie ist die wahrscheinlichste.

Brünetts bzw. Brinetts finden sich im Ehebuch von Bergün und in den Estims von Latsch, Stuls und Bergün. Wahrscheinlich war der spätere Pfarrer der Sohn von Cla Brinet und Mierta Jan Saraina, die am 4. Juli 1623 in Bergün geheiratet hatten.

Früh verwaist

Schon als kleiner Junge verlor Christoffel seine Eltern, denn im Estim von 1633 erscheint er als Steuersubjekt: «Cla Brinet Sohn Cristoffel», mit einem Besitz von 900 Gulden. Wahrscheinlich waren die Eltern und mögliche Geschwister an der Pest gestorben, die ab 1629 in den Drei Bünden wütete.

Der kleine Christoffel als Steuersubjekt im Estim von 1633

Die Position des Steuereintrags unter seinem Grossvater mütterlicherseits Janut Saraina deutet darauf hin, dass der kleine Christoffel im Haus der Eltern seiner Mutter aufwuchs. (Der Grossvater väterlicherseits war wahrscheinlich schon vor 1622 gestorben.)

Schule in Zürich

Die nächste Quelle, die über Christoffel Brünett Auskunft gibt, ist ein Dokument aus Zürich. Der Knabe Christoffel wurde im Dezember 1641 zusammen mit zwei anderen jungen Bündnern von Pfarrer Esaias Schucan von S-chanf, einem führenden Mitglied der Bündner Synode, nach Zürich zur Schule gebracht. Wie es damals oft geschah, beantragte Schucan gleich für alle drei Schüler das «Stipendium der vier Brote».

Im Empfehlungsschreiben der Schule, das die drei Knaben für das Stipendium dem Bürgermeister empfahl, wird Christophorus Brunet als Oberengadiner bezeichnet, aber dies wird eine Unachtsamkeit des Sekretärs gewesen sein. Eine spätere Quelle beweist deutlich, dass Brünett ein Bergüner war.

Ausschnitt aus einer alten Handschrift über die Aufnahme von Christoffel Brünett, Johann Vincentz und Joachim Müller an der Schule in Zürich
«Der drei Bündner Knaben wegen ... »: Empfehlungsschreiben für das Stipendium der vier Brote

Das Zürcher Stipendium war an die Ausbildung zum Pfarrer geknüpft. Wer hatte Christoffel dafür ausgewählt, wer hatte ihm Latein beigebracht? Es liegt nahe, dass der Pfarrer von Bergün von 1638 bis 1680, Peter Juvalta, sich des Waisenknaben angenommen und ihn für die Schule vorbereitet hatte.

Examen bestanden, aber zu jung

Die nächste Nachricht über Christoffel Brünett finden wir im Protokoll der Rätischen Synode von 1646. Brünett bestand das Examen, wurde aber noch nicht als Vollmitglied aufgenommen – «wegen seines Alters». Er muss also noch zu jung gewesen sein, um glaubwürdig als Pfarrer auftreten zu können. In der Folge, ab der Synode 1647, notierte der Schreiber jeweils das Alter der Kandidaten, deshalb wissen wir, dass die meisten sehr jung waren, nämlich Anfang zwanzig. Christoffel war also wahrscheinlich noch jünger – somit wurde er wohl 1626 oder später geboren.

Von der Synode gemassregelt

1647 schickte die Synode den jungen Pfarrer nach Vicosoprano, und vorher heiratete er in Bergün. Pfarrer Juvalta war nachlässig in der Führung des Ehebuches, und so finden wir von dieser Hochzeit nur eine nachträglich hineingeflickte Notiz. Der Name der Braut bleibt leider unbekannt und lässt sich auch aus anderen Quellen nicht rekonstruieren.

In Vicosoprano gefiel es dem jungen Paar möglicherweise nicht, denn an der Synode 1649 wurde Brünett vorgeworfen, er habe durch seine Freunde und Verwandten versucht, die Pfärrer von Latsch und Stuls bzw. Filisur aus ihren Ämtern zu vertreiben! Kaum etwas war in der Synode stärker verpönt als der Versuch, eine bestimmte Pfarrstelle durch Verdrängung des Vorgängers zu ergattern. Entsprechend streng waren die Strafen. Brünett musste dem Dekan der Synode die Hand reichen und feierlich versprechen, solches nie mehr zu versuchen und auch seine Freunde und Verwandten davon abzuhalten. Sollte er dieses Versprechen brechen, würde er für immer aus der Synode ausgeschlossen.

«D. Christoph. Brunetus gravissimâ censurâ dignus judicatus est ...»: Dominus Christoffel Brünett wurde der schwersten Strafe für würdig befunden.

Doch alles ging gut, und auch das Glück war Pfarrer Brünett hold: Schon ein Jahr später, 1650, durfte er die Pfarrstelle in Latsch und Stuls übernehmen.

Früher Tod

Über sein Wirken in der Gemeinde ist sozusagen nichts bekannt; ein Ehe- oder Taufbuch aus Latsch ist aus dieser Zeit nicht erhalten, und auch in anderen Quellen findet Pfarrer Brünett keine Erwähnung. Auch Steuerschätzungen gab es während seiner Amtszeit nicht.

Im Laufe des Synodaljahres 1663 bis 1664 starb Christoffel Brünett. Wann und woran, ist unbekannt. Er hinterliess einen Sohn, Jachiam, dessen Nachkommen ebenfalls Pfarrer wurden, unter anderem im Rheinwald.

«Susanna»

Brünett hinterliess der Nachwelt nicht nur seinen Sohn, sondern auch ein literarisches Werk: Ein religiöses Schauspiel in 500 Strophen über die biblische Geschichte von Susanna im Bade, vollendet 1662. (Mehr dazu auf der Seite «Susanna».)

 

Quellen/Bildnachweis

Kirchenbuch Bergün, Gemeindearchiv Bergün und Staatsarchiv Graubünden (Mikrofilm, StAGR A I 21 b 2/60.3)

Cudesch da Estims, in Privatbesitz, digitalisierte Version online hier.

Empfehlung der Verordneten zur Lehr, die Schüler Johann Vincens und Christophorus Brunett aus dem Engadin sowie Joachim Müller aus Chur das wöchentliche Stipendium der vier Brote und zwei Schillinge zu gewähren, 1641, Staatsarchiv Zürich, E I 13.1, Nr. 21

Rätische Synode, Synodalprotokoll 1643–1680, Staatsarchiv Graubünden, N 6.7, Seite 57.